Ein wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit Online-Banking-Betrug ist die Regelung in § 675v Abs. 3 BGB. Dieser Paragraph stellt die rechtliche Grundlage dar, auf der ich unter bestimmten Bedingungen Schadensersatzansprüche gegen den Zahlungsdienstnutzer geltend machen kann. Sollte der Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sein, wäre es mir möglich, diesen Anspruch mit dem Erstattungsanspruch des Kunden gemäß § 675u Satz 3 BGB zu verrechnen. Wenn ich erfolgreich den Nachweis für diesen Schadensersatzanspruch erbringe, könnte dies zur Folge haben, dass der Erstattungsanspruch des Kunden entweder reduziert wird oder im schlimmsten Fall (zumindest aus wirtschaftlicher Sicht) vollständig verloren geht.
a) Die Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch der Bank
Um einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Entweder muss der Kunde mit betrügerischer Absicht gehandelt haben oder eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l BGB oder gegebenenfalls mit mir vereinbarte Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verletzt haben. Dabei muss der Kunde vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.
Zu den Pflichten des Kunden gemäß § 675l Abs. 1 BGB zählt beispielsweise, angemessene Maßnahmen zum Schutz personalisierter Sicherheitsmerkmale zu ergreifen und missbräuchliche Verwendung oder den Diebstahl von Zahlungsinstrumenten zu melden. Der Kunde muss auch die von ihm festgelegten Bedingungen für die Verwendung und Ausgabe des Zahlungsinstruments einhalten.
„Personalisierte Sicherheitsmerkmale“ sind einzigartige Daten oder Informationen, die ausschließlich dem Zahlungsdienstnutzer, also dem Kunden, zugeordnet sind. Diese dienen dazu, den Kunden eindeutig zu identifizieren und die Durchführung von Zahlungsvorgängen zu autorisieren. Beispiele für solche Merkmale sind Passwörter, PINs (Persönliche Identifikationsnummern), TANs (Transaktionsnummern) oder sogar biometrische Daten wie Fingerabdrücke oder Gesichtserkennung, sofern sie von der Bank bereitgestellt werden.
Unter „Zahlungsinstrument“ versteht man jede Vorrichtung oder Methode, die Nutzer verwenden können, um Zahlungsaufträge zu erteilen. Im Rahmen des Online-Bankings können dies Kredit- oder Debitkarten, das Online-Banking selbst und auch Mobile-Payment-Lösungen wie Smartphone-Apps sein.
Die Authentifizierung, also die Überprüfung der Nutzung eines Zahlungsinstruments und der personalisierten Sicherheitsmerkmale durch den Zahlungsdienstleister, wird ebenfalls als „Authentifizierung“ bezeichnet. Der Nachweis einer Authentifizierung durch das Kreditinstitut reicht normalerweise nicht aus, um die Zustimmung des Kunden zur Transaktion zu belegen. Dies ist zumindest die Vorgabe in § 675w BGB.
Es ist daher wichtig zu betonen, dass die Anforderungen an mich als Bank hoch sind, um tatsächlich einen Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz muss von mir bewiesen werden, was in der Praxis oft eine Herausforderung darstellt.
b) Warum liegt in den meisten Fällen von Online-Banking-Betrug keine grobe Fahrlässigkeit des Kunden vor?
Allgemein lässt sich argumentieren, dass in den meisten Fällen von Online-Banking-Betrug keine grobe Fahrlässigkeit der Kunden gegeben ist. Betrüger bedienen sich stets raffinierterer Methoden, um an die persönlichen Informationen ihrer Opfer zu gelangen. Diese Techniken sind oft so ausgeklügelt, dass sie selbst für vorsichtige und gut informierte Nutzer schwer zu erkennen sind.
Darüber hinaus ist es für mich als Bank schwierig, grobe Fahrlässigkeit zu beweisen. Meine Argumentation bleibt in der Regel auf einer sehr abstrakten Ebene, da ich lediglich begrenzte Informationen über den Betrugsfall im Kundenbereich habe. Da ich jedoch darlegungs- und beweisbelastet bin, kann sich dieser Umstand im Gerichtsprozess häufig zu meinem Nachteil auswirken.
c) Berücksichtigung des Mitverschuldens der Bank
Die Gerichte ziehen oft den Einwand des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB im Rahmen meines Schadensersatzanspruchs gemäß § 675v Abs. 3 BGB in Betracht, insbesondere wenn die Sicherheitssysteme meiner Bank offensichtlich versagt haben. Zum Beispiel, wenn es innerhalb kurzer Zeit mehrere Abbuchungen gibt, die ungewöhnlich hohe Beträge zu außergewöhnlichen Zeiten, wie mitten in der Nacht, aufweisen. In solchen Fällen kann mein Schadensersatzanspruch teilweise um bis zu 50 % gekürzt werden. Das bedeutet, dass ich nicht in vollem Umfang mit meinem Schadensersatzanspruch gegen den Erstattungsanspruch des Kunden aus § 675u BGB aufrechnen kann. Es ist daher ratsam, die Situation von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Geschädigte sollten keinesfalls voreilig aufgeben, aus Angst vor einer Konfrontation mit meiner Bank.
d) Ausnahmen von der Rückwirkung gemäß § 675v Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für § 675v Abs. 3 BGB
Rückwirkungseinschränkungen gemäß § 675v Abs. 4 BGB sollten hervorgehoben werden, da sie die potenzielle Schadensersatzverpflichtung meiner Bank beeinflussen können. Diese speziellen Umstände gelten beispielsweise, wenn der Anbieter von Zahlungsdiensten oder der Zahlungsempfänger auf die Einhaltung einer ausdrücklichen Kundenauthentifizierung gemäß § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) verzichtet oder diese nicht angenommen hat.
Der Begriff „starke Kundenauthentifizierung“ umfasst ein Verfahren, bei dem die Identität des Nutzers von Zahlungsdiensten anhand von zwei oder mehr Faktoren aus den Kategorien Wissen (Informationen, die nur dem Nutzer bekannt sind), Besitz (Gegenstände, die nur dem Nutzer gehören) und Inhärenz (biometrische Merkmale des Nutzers) verifiziert wird. Diese Faktoren müssen so gestaltet sein, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten gewährleistet ist. In vielen Fällen können betrügerische Online-Banking-Vorfälle vermieden werden, indem eine wirksame starke Kundenauthentifizierung seitens meiner Bank implementiert wird.